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    In Braunsbach tut sich etwas

Bürgermeister Frank Harsch und SV-Generalagenturleiter Marcel Schöll berichten über die Tage nach der Braunsbacher Flut

Am 29. Mai 2016 wälzte sich eine enorme Geröll- und Schlammlawine durch den beschaulichen Ort Braunsbach in Baden-Württemberg. Seitdem hat sich viel geändert in Braunsbach. Stefanie Rösch und Sonja Sartor vom Onlinemagazin haben mit dem Bürgermeister Frank Harsch über die Flutkatastrophe und ihre Folgen gesprochen. Marcel Schöll, Generalagenturleiter der SV und sein Mitarbeiter und Kundenberater Tim Ottenbacher berichten, wie sie die Tage nach der Flut erlebt haben und wie sie mit den betroffenen Kunden und ihren Schäden umgegangen sind.

Es hämmert, brummt und rattert. Staub wirbelt durch die trockene Sommerluft. Der Baustellenlärm übertönt das Vogelgezwitscher. Bagger, Baustellenabsperrungen und schweres Gerät prägen das Ortsbild. In Braunsbach, 15 Kilometer von Schwäbisch Hall entfernt, herrscht Aufbruchsstimmung. Das große Aufbauen und Wiederherrichten ist angesagt. Wenn Bürgermeister Frank Harsch die vielen Baustellen im Ort betrachtet, freut er sich. "Baustellen sind etwas Wunderbares, man sollte sie als viel positiver betrachten". Denn, was viele Menschen als lästig und störend empfinden, ist für Harsch ein Zeichen dafür, dass es vorangeht. Der Ortskern von Braunsbach wird saniert. Die vielen Baustellen hängen mit einem Ereignis zusammen, das im Ort unvergessen sein wird.
Was am Abend des 29. Mai 2016 in Braunsbach geschah, ist nur schwer vorstellbar. Starkregen verwandelte die drei Ortsbäche in reißende Ströme, die alles mit sich rissen, was sich ihnen in den Weg stellte. Frank Harsch wollte an diesem Abend nur noch eine Kleinigkeit im Rathaus erledigen. Von seinem Bürofenster aus bemerkte er, wie abstrus sich die Autofahrer unten auf der Straße verhielten. Sie fuhren vorwärts, dann gleich wieder rückwärts und gestikulierten wild. "Zu dem Zeitpunkt konnte ich noch nicht einordnen, was sich da für eine Katastrophe für uns anbahnte", erzählt er.
Bürgermeister Harsch im Gespräch

Bürgermeister Frank Harsch im Gespräch mit Stefanie Rösch vom Onlinemagazin. Er erlebte die Flut im Rathaus und wurde für sein Krisenmanagement von den drei örtlichen Tageszeitungen ausgezeichnet.

"Es war Ausnahmezustand"

Wassermassen schossen über die Straße, immer mehr Geröll mischte sich dazu. Das Wasser stieg weiter an, schließlich wurden die Fenster des Rathauses eingedrückt, sogar durch das Mauerwerk drang das Wasser. Harsch machte sich zunehmend Sorgen, ob die Statik des Rathauses dem Druck Stand hält. Sein Anruf an die 112 ging ins Leere - die Leitung war tot. Nach einer guten halben Stunde, also um rund 21 Uhr, war der Spuk vorbei. Was blieb, waren riesige Geröllhaufen in den Straßen, zerstörte und mit Schlamm vollgelaufene Häuser und die Angst, ob die Flut nicht auch Todesopfer gefordert hatte. Das Katastrophenmanagement lief über das Landratsamt automatisch an, erzählt er weiter. Um 22 Uhr fand sich im örtlichen Kindergarten dann der Krisenstab zusammen, um das weitere Vorgehen zu organisieren. Die ersten Einsatzwägen trafen ein. Radlader kämpften sich mühsam durch die Schuttberge. Um 23 Uhr begann man, die eingeschlossenen Bürger in den Häusern zu evakuieren. Rund 100 Menschen wurden aus dem betroffenen Ortszentrum rausgeholt. Harsch erinnert sich noch gut an den militärischen Ton, der herrschte. "Es war Ausnahmezustand", erklärt Harsch, "Keiner stellte die Entscheidungen in Frage, dazu war keine Zeit".
verwüstete Stadt

Autos und Schutt wurden durch die Straßen gespült. Ein unfassbares Glück, dass kein Bürger zu Tode kam.

Kühlen Kopf bewahren und gemeinsam anpacken

Marcel Schöll befand sich gerade auf dem Heimweg aus dem Urlaub, als er durch einen Anruf von der Braunsbacher Flut erfuhr. Der Leiter der SV-Generalagentur in Asperg mit Niederlassung in Schwäbisch Hall ist auch für Braunsbach zuständig. Zwei Drittel der Braunsbacher Häuser sind bei der SV versichert. Rund 500 Kunden betreut Schöll. Gleich Montag früh fuhr er mit dem gesamten Team in das Örtchen. Die Verwüstung vor Ort machte den sonst redseligen Generalagenturleiter sprachlos. "So einen massiven Schaden durch Unwetter habe ich noch nie gesehen. Als ich den meterhohen Geröllhaufen sah, blieb mir die Spucke weg", erzählt er. Einer der ersten vor Ort war auch Kundenberater Tim Ottenbacher. "Den modrigen Geruch, der in den Straßen lag, werde ich niemals vergessen", denkt er zurück. Die Versicherungsexperten sowie die Gutachter der SV standen nun vor einer Herkulesaufgabe. "Es war sehr schwierig, in dem Chaos Prioritäten zu erkennen" berichtet Schöll. Er weiß aber, worauf es in Krisensituationen ankommt: "Die Menschen brauchen Zuspruch, es muss jemand da sein, zuhören und sich kümmern. Das war uns wichtig und das haben wir gemacht", so der 40-Jährige. Rund 100 Kunden haben wir über Monate hinweg intensiv betreut, blickt Schöll zurück, und einige hat es sehr heftig getroffen. Seine Agentur fokussierte sich über Monate komplett auf die Schadenregulierung in Braunsbach und seinen Ortsteilen, um für die Kunden ansprechbar zu sein. "Einen anderen Schwerpunkt gab es für uns in der Zeit nicht", erzählt Schöll. Und hier konnte sich der Agenturchef auf die gut eingespielte Zusammenarbeit mit dem Schadenbereich, den Schadenregulierern und Gutachtern verlassen. Auch das bei der SV eingesetzte Intercard-System, mit dem noch vor Ort Auszahlungen geleistet werden können, empfand der Versicherungsexperte als eine große Erleichterung.
Marcel Schöll erzählt von den Herausforderungen nach der Flut

Marcel Schöll (2.v.l.), Generalagenturleiter der SV, und sein Kollege Tim Ottenbacher erzählen vor welchen Herausforderungen die Schadenregulierer nach der Flut standen.

Der Krisenstab rund um Frank Harsch war unterdessen damit beschäftigt, die notwendigen Hilfen zu steuern. Die Anteilnahme am Schicksal Braunsbachs war sehr hoch. Viele Freiwillige kamen in den Ort und wollten mit anpacken. Frank Harsch: "Dafür mussten wir im Krisenstab eine kluge Logistik schaffen, damit die Hilfe auch was bringt". Denn neben Werkzeug und Material musste auch die Verpflegung der Helfer entsprechend koordiniert sein. "Das war schon eine krasse Zeit", blickt Harsch zurück. Der Ausnahmezustand in Braunsbach blieb über vier Wochen lang bestehen. Der Krisenstab um Frank Harsch selbst arbeitete in seiner Zusammensetzung noch bis Ende Oktober weiter.
Geröll verdeckt Straße

Bis zu fünf Meter hoch stapelte sich Schutt und Geröll in den Braunsbacher Straßen.

Der Sache auf den Grund gehen

Niemand in Braunsbach war auf eine solche Flutkatastrophe gefasst. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Geoforschungszentrums in Potsdam haben herausgefunden, dass geologische und meteorologische Faktoren zu dem Unglück führten. Auf der Ebene über Braunsbach hatten sich Gewitterfronten vereinigt und waren dort verharrt. Unglaubliche 180 Liter pro Quadratmeter regnete es direkt über dem Einzugsgebiet des Orlacher Bachs ab. Die Wassermassen mobilisierten den brüchigen Muschelkalk und Schwemmholz und schoben riesige Geröllberge in den Ort. Über 50.000 Tonnen Geröll wurden aus Braunsbach abtransportiert.

Braunsbach gestaltet sich neu

Mit der Flut hat sich sehr vieles im Ort verändert. Ein großes Schild in der Ortsmitte zeigt die geplanten Sanierungen. "Das Land Baden-Württemberg hat uns nachträglich in ein Programm zur Städtebauförderung aufgenommen", freut sich Harsch. Ein Dutzend Häuser wurden bereits abgerissen. Manche davon können an Ort und Stelle allerdings nicht mehr gebaut werden. Neben Breitbandkabel für schnelles Internet oder Nahwärmeversorgungsanlagen bekommt die Gemeinde auch eine neue Tiefbauinfrastruktur. Den rund 2.500 Bürgern in Braunsbach soll es in Zukunft an nichts fehlen. Die Stadt hat zum Schutz vor Schäden neue Geröllfänge am Hang errichtet und bereits in den Hochwasserschutz am Kocher investiert. "Wir werden hier aber an Grenzen stoßen, denn wir können uns nicht für alle Eventualitäten vorbereiten. Das geht nicht", erklärt Frank Harsch, der seit 13 Jahren Bürgermeister im Ort ist.
Aufräumarbeiten

Es wird noch einige Zeit brauchen, bis in Braunsbach wieder Normalität eingekehrt ist.

Die SV war zur Stelle

Das Unwetter in Braunsbach hat auch viele Menschen auf das Thema Versicherung aufmerksam gemacht. Das merkt Tim Ottenbacher noch heute: "Bei uns erkundigen sich öfters Kunden, ob ihr Versicherungsschutz noch aktuell ist." Generalagenturleiter Schöll ist stolz auf sein Team und die geleistete Arbeit. "In Braunsbach konnten wir zeigen, wie gut unser Schadenmanagement funktioniert. Die Rückmeldungen der Kunden sind sehr positiv", erzählt er. Auch Frank Harsch hat mit der SV sehr gute Erfahrungen gemacht: "Die SV hat hervorragend gearbeitet und sehr schnell reagiert. Sie war sofort mit mehreren Mitarbeitern vor Ort und hat mir einen direkten Kontakt zu Herrn Philipp, dem Leiter des Schadenbereichs, vermittelt. So fühlte ich mich sehr gut von der SV unterstützt."
Baustellen

Oberhalb der Baustellen in Braunsbach geht es heute geradezu idyllisch und ruhig zu.

Der Blick nach vorn

Das Interesse an Braunsbach war und ist hoch. Für viele Zeitungen, Magazine, Fernsehsender und Firmen ist Harsch bis heute ein sehr beliebter Interviewpartner. Auf die Frage, wie viele Interviews er gegeben hat, meint er schmunzelnd: "Das waren gefühlt sicher tausende Interviews". Selbst ein Kamerateam aus China war da und berichtete über die Katastrophe in seinem Ort. Er selbst hat bisher noch keine Zeit gefunden, das vergangene Jahr für sich selbst aufzuarbeiten. "Ich denke aber darüber nach, ein Buch zu schreiben und das Erlebte so zu verarbeiten". Und sichtlich stolz macht ihn der Zusammenhalt der Bürger. "In der Tendenz schauen die meisten positiv nach vorne. Es bringt sowieso nichts, negativ zu sein. Nun gilt, das Beste aus der Flut zu machen."

Stabile Unwetterlage: Der Unwettersommer 2016

2016 war geprägt durch eine extreme Unwetterlage, die ab Ende Mai bis Ende Juni über Deutschland lag. Wochenlang kam es nahezu jeden Tag an anderen Orten zu Sturm, Starkregen und Überschwemmungen. Das Unwettertief „Elvira“ kreiste ab dem 27. Mai bis zum 29. Mai über Deutschland. Danach folgten fast täglich weitere lokale zum Teil sehr starke Unwetter. "Elvira" sorgte im Geschäftsgebiet der SV für Schäden an rund 12.000 Gebäuden und Autos mit einem Schadenvolumen von über 100 Millionen Euro. In Braunsbach wurden über 100 Gebäude beschädigt. Am 24. und 25. Juni beendete das Sturmtief „Neele“ mit Sturm und Starkregen die Unwetterserie. In Baden-Württemberg und Hessen entstanden weitere Schäden an 9.200 Gebäuden und Autos mit 37,9 Millionen Euro Schadenaufwand. Die Schadenbilanz bei der SV für den gesamten Zeitraum vom 27. Mai bis 25. Juni lag bei 150,6 Millionen Euro. Am Ende beliefen sich die versicherten Schäden des Unwettersommers deutschlandweit auf rund 1,2 Milliarden Euro.
Im Internet zeigen zahlreiche Handy-Videos, wie die Schlammlawine Autos geradezu spielerisch durch die Straßen spült.
Fotos: Sylvia Knittel, Marcel Schöll
03.07.2017

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Über die Autoren:

Stefanie Rösch arbeitet als Pressereferentin in der Unternehmenskommunikation der SV.

Sonja Sartor studiert Medienwissenschaft und Französisch und machte in der Unternehmenskommunikation der SV ein fünfmonatiges Praktikum. 

Kontakt in die Redaktion:
onlinemagazin@sparkassenversicherung.de

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